Allein, aber nicht hilflos: Digitale Sturzerkennung für zuhause und unterwegs
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Inhalt
▶ Was ist digitale Sturzerkennung?
▶ Für wen eignen sich Notrufsysteme mit Sturzerkennung?
▶ Welche Arten von Sturzerkennungssystemen gibt es?
▶ Worauf sollte man bei der Auswahl achten?
▶ Werden die Kosten von der Kranken- oder Pflegekasse übernommen?
▶ Was ist zu den Themen Persönlichkeitsrechte und Datenschutz zu beachten?
▶ Wie lassen sich Vorbehalte und Unsicherheiten abbauen?
Ein Sturz kann für ältere Menschen schwerwiegende Folgen haben. Oft brauchen sie Hilfe beim Aufstehen oder medizinische Versorgung. Doch was, wenn niemand in der Nähe ist? Digitale Sturzerkennungssysteme sorgen dafür, dass Betroffene in solchen Momenten schnell Hilfe erhalten.
Was ist digitale Sturzerkennung?
Die Systeme nutzen Sensoren, Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI), um ungewöhnliche oder ausbleibende Bewegungen sowie Stürze zu erkennen. Dann lösen sie automatisch einen Alarm aus oder setzen Notrufe an Angehörige oder Rettungsleitstellen ab – ohne dass die betroffene Person selbst aktiv werden muss. Die Lösungen gibt es als fest installierte Geräte für Wohnräume oder als tragbare „Wearables“.
Die digitale Sturzerkennung ist eine moderne Alternative zu klassischen Hausnotrufsystemen, die nur in der Wohnung funktionieren und manuell ausgelöst werden müssen. Über klassische Hausnotrufsystemen informiert unter anderem die Verbraucherzentrale.
Für wen eignen sich Notrufsysteme mit Sturzerkennung?
Die Systeme sind ideal für ältere oder sturzgefährdete Menschen, die allein leben oder ohne Begleitung unterwegs sind. Das Wissen, im Notfall automatisch Hilfe erhalten zu können, fördert ihre Mobilität und ihr Selbstvertrauen. Angehörige profitieren ebenfalls: Sie müssen nicht ständig präsent oder besorgt sein. So geben die Sturzerkennungssysteme allen mehr Sicherheit.
Welche Arten von Sturzerkennungssystemen gibt es?
Stationäre Überwachungssysteme werden zuhause am Boden, an der Decke oder auf Möbeln installiert. Mobile Systeme lassen sich am Körper tragen, meist als Uhr am Handgelenk. Bei ungewöhnlichen Ereignissen senden sie automatisch Notrufe per Anruf, SMS oder APP an ein zuvor festgelegte Empfängergeräte. Dabei kommen unterschiedliche Technologien zu Einsatz:
Drucksensoren: Sturzmatten („Klingelmatten“) am Boden registrieren, wenn jemand in einem bestimmten Bereich hinfällt. Sie reagieren auf spezielle Druck- oder Belastungsmuster und unterscheiden so Stürze von normalen Aktivitäten.
Tipp: Spezielle Bettkanten-Alarmmatten benachrichtigen, sobald Pflegebedürftige aus dem Bett oder von Sitzmöbeln aufstehen. Angehörige, die im selben Haushalt leben, können dann rechtzeitig helfen oder verhindern, dass demenzkranke Personen unbemerkt das Haus verlassen.
- Video- bzw. kamerabasierte Systeme zeigen bei guten Lichtverhältnissen Personen und Umgebung in Echtzeit. Praktisch für besorgte Angehörige, mit Blick auf die Privatsphäre der Betroffenen aber nicht zu empfehlen.
Radargestützte Systeme erfassen die Positionen und Bewegungen der Menschen im Raum über Mikrowellen, auch bei Dunkelheit.
Tipp: Intelligente Leuchten funktionieren ebenfalls über Bewegungs- oder Präsenzmelder. Sie schalten sich automatisch ein, ohne dass jemand einen Schalter betätigen muss – und sorgen so unter anderem beim nächtlichen Toilettengang für mehr Sicherheit.
- Wärmebildbasierte Lösungen analysieren die Körperwärme, die ein Mensch in einem Raum abgibt und erfassen so die Bewegungen auch bei Nacht.
Wearables oder Smartwatches mit Sturzerkennung arbeiten mit Sensoren, die Beschleunigungen, Drehbewegungen und Lageänderungen erfassen. Sie setzen bei Stürzen Notrufe ab und übermitteln bei Bedarf per GPS den Standort. Smartwatches oder Notruf-Uhren mit Sturzerkennung eignen sich besonders für mobile Seniorinnen und Senioren sowie sportlich aktive Menschen.
- Smart-Home-Systeme analysieren den Verbrauch von Wasser und Strom und melden auffällige Abweichungen an Angehörige. Mögliche Probleme werden so jedoch erst mit Verzögerung bekannt, so dass diese Lösungen nicht zur akuten Sturzerkennung geeignet sind. Sie können jedoch bei der Installation eines Smart-Home-Systems in einem Seniorenhaushalt mitgeplant werden.
Viele Hersteller kombinieren die Vorteile verschiedener Technologien, um Stürze möglichst zuverlässig zu erkennen. Die meisten Systeme bieten die Möglichkeit, automatisch ausgelöste Hilferufe manuell zu deaktivieren oder über Lautsprecher persönlich Entwarnung zu geben, um Fehlalarme zu vermeiden.
Bin ich sturzgefährdet? Mit Digitalen Pflegeanwendungen (DiPAs) lässt sich das persönliche Sturzrisiko ermitteln. Die Apps erfassen Vitaldaten, Bewegungs- und Verhaltensmuster und warnen, wenn ein Sturz wahrscheinlich ist. Einige bieten individualisiertes Kraft- und Balancetraining an, um das Sturzrisiko zu verringern.
Worauf sollte man bei der Auswahl achten?
Die Wahl des richtigen Systems hängt von den individuellen Bedürfnissen und dem Wohnumfeld ab. Folgende Fragen helfen bei der Entscheidung:
- Soll das System nur zuhause oder auch unterwegs funktionieren?
- Welche Wohnbereiche sollen überwacht werden?
- Welche Technologie ist gewünscht?
- Wie wichtig sind Diskretion und Datenschutz?
- Ist das System einfach zu bedienen?
- Welche Technologien bzw. Endgeräte werden zusätzlich benötigt?
- Kann das System in bestehende Pflege- oder Smart-Home-Systeme integriert werden?
Qualitativ hochwertige Sturzerkennungssysteme gibt es im Fachhandel. Dort kann man sich beraten lassen und die Geräte testen. Komplexe Installationen, etwa an der Wohnraumdecke, sollten Fachbetriebe übernehmen.
Tipp: Lokale Pflegestützpunkte und Wohnberatungsstellen informieren über Sturzerkennungssysteme und mögliche Förderungen.
Werden die Kosten von der Kranken- oder Pflegekasse übernommen?
Die Pflegekasse kann die Kosten für ein Sturzerkennungssystem unter Umständen übernehmen oder bezuschussen – vorausgesetzt, die Person
- hat einen Pflegegrad,
- ist sturzgefährdet,
- lebt (überwiegend) allein,
- und ist nicht in der Lage, selbst telefonisch Hilfe zu rufen.
Förderfähige Systeme sind im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen gelistet. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten üblicherweise nicht.
Was ist zu den Themen Persönlichkeitsrechte und Datenschutz zu beachten?
Sturzerkennungssysteme erfassen Bewegungsmuster oder Aufenthaltsorte. Nutzerinnen und Nutzer müssen wissen (oder verständlich erklärt bekommen), welche persönlichen Informationen das System speichert und weitergibt. Eine schriftliche Einwilligung ist sinnvoll. Von einer Dauerüberwachung per Videokamera ist aus rechtlichen und ethischen Gründen abzuraten.
Viele Notrufsysteme erfragen Zugriff auf persönliche Kontakte, Standort- oder Vitaldaten. Beim Einstellen der Geräte ist Aufmerksamkeit angebracht: Ein System braucht nicht alle Daten, um zuverlässig zu funktionieren. Zudem sollten diese nur verschlüsselt übertragen und auf sicheren Servern gespeichert werden.
Wie lassen sich Vorbehalte und Unsicherheiten abbauen?
Viele ältere Menschen stehen moderner Technik, wie sie bei der Sturzerkennung zum Einsatz kommt, skeptisch gegenüber. Angehörige können Bedenken ausräumen, indem sie
- die Vorteile (Sicherheit und Selbstständigkeit) anhand konkreter Beispiele aufzeigen,
- die Funktionen verständlich erklären,
- die Betroffenen bei der Auswahl eines bestimmten Systems einbeziehen,
- leicht bedienbare Modelle wählen,
- die Systemeinstellungen gemeinsam vornehmen,
- die Technik bei einem gemeinsamen Probelauf testen,
- Bedenken ernst nehmen und einfühlsam darauf eingehen.
Wenn die Akzeptanz dennoch fehlt, kann ein klassisches Hausnotrufsystem eine Alternative sein.


Wie zuverlässig sind die Systeme?
Viele Menschen fragen sich, ob sie sich auf die Sturzüberwachungssysteme verlassen können. Techni¬sche Störungen, Netzwerkprobleme, fehlerhafte Einstellungen oder falsche Messergeb-nisse können Fehlalarme auslösen oder dazu führen, dass Alarme ausbleiben. Kein intelligentes System kann die eigene Vorsicht und den gesunden Menschenverstand ersetzen.
Ergänzung zur persönlichen Betreuung
Digitale Sturzerkennung bietet älteren Menschen mehr Sicherheit und Eigenständigkeit – zuhause und unterwegs. Wer die Technik sorgfältig auswählt und Datenschutzaspekte berücksichtigt, findet in den Systemen eine wertvolle Ergänzung zur persönlichen Betreuung.
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- Crg
Foto (Titelbild): Dragon Images / shutterstock.com